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Seit seiner offiziellen Gründung am 1. April 1974 (Eintrag ins Handelsregister) hat der Verlag fast 1000 Titel publiziert, davon sind derzeit noch etwa 300 lieferbar. Wir haben 63 Bände der Kleinen Bücherei für Hand und Kopf verlegt, 14 Bände der Franz-Jung-Werkausgabe, 19 Bände der Krimireihe Kaliber .64, 31 Nummern der Revolte! und stolze 220 Nummern der Aktion (in 80 Ausgaben) sowie, »same procedure as every year«, sieben Variationen von Dinner for One in Buchform.
Das 40. Jubiläum 2014 stand im Schatten des Todes des Verlegers: Lutz Schulenburg war am 1. Mai 2013 nach kurzer schwerer Krankheit wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag unerwartet gestorben. Nahezu vierzig Jahre lang war er als Verleger der Edition Nautilus eine feste, wenn auch subversive Größe in der Verlagswelt. Er fehlt uns. Doch die verbleibende Crew steuert die Nautilus nun ohne ihn durch bewegte Gewässer und arbeitet in seinem Geist weiter, der auch der unsere ist!
Über ihr politisches Engagement waren Hanna Mittelstädt, Lutz Schulenburg und Pierre Gallissaires mehr zufällig als absichtsvoll in die Verlegerei hineingerutscht: zunächst durch die Herausgabe der Zeitschrift MAD/Revolte (digitalisierte Ausgaben nachzulesen auf: www.mao-projekt.de) und diverser Flugschriften unter dem Label »MAD-Verlag, Materialien, Analysen, Dokumente«, der sich nach einer Klage des gleichnamigen Satireblatts in Edition Nautilus umbenannte.
»Ein Gedicht kann genauso revolutionär sein wie ein theoretischer Text.« Getreu dieser Devise wurden neben Schriften der Anarchisten und Situationisten auch solche der Dadaisten und Surrealisten veröffentlicht. Bald fanden auch die ersten Autobiografien, u.a. von Jacques Mesrine, Charles Mingus, Billie Holiday und Franz Jung, sowie unerschrockene Prosa junger Autoren wie Franz Dobler, Ingvar Ambjørnsen, Anna Rheinsberg und Sean McGuffin Eingang ins Programm.
Parallel dazu wurde die Werkausgabe von Franz Jung in Angriff genommen und 1997, nach 16 Jahren und 14 Bänden, vollendet. Diese förderungsfreie Edition ging sehr zu Lasten der Verlagsökonomie aus, die in der Edition Nautilus stets um einige wenige Verkaufserfolge herum organisiert werden muss, etliche Jahre lang etwa um den zweisprachigen Silvester-Dauerbrenner Dinner for one. Nicht ganz so erfolgreich, aber ebenso unverzichtbar war Die Aktion, eine der letzten streitbaren Zeitschriften für Politik, Literatur und Kunst, die wir aber mit der letzten Hommage-Ausgabe für Lutz Schulenburg im September 2013 eingestellt haben.
Als »gut gelaunt und ein bisschen anarchistisch« charakterisierte der Reporter des Bergedorfer Wochenblatts das Verlagskollektiv, das nach der Veröffentlichung dreier Bücher von Karl-Eduard von Schnitzler plötzlich auch der Lokalpresse ein Porträt wert war. Diese absichtsvolle programmatische Grenzverletzung, keineswegs die erste im Lauf der Verlagsgeschichte, ermöglichte u.a. die Herausgabe von Abel Paz’ großer Durruti-Biografie.
Ein erfreulich zahlreiches Lesepublikum eroberten auch die Bücher von Wiglaf Droste, Subcomandante Marcos, Paco Ignacio Taibo II, vor allem seine Che-Guevara-Biografie, sowie einige Titel aus der Kleinen Bücherei für Hand und Kopf, inzwischen auf 60 Bände angewachsen, etwa die Grotesken von Kurt Schwitters oder die Aphorismen von Francis Picabia. Dessen Aphorismus »Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann« gibt nach wie vor ein zuverlässiges Verlagsmotto ab.
Im neuen Jahrtausend konnte das Nautilus-Programm die Folge der »Roten Ziegel« um weitere Kompendien der Basisbewegungen erweitern: etwa um den berühmten Wälzer von Horst Stowasser, Anarchie!, eine überarbeitete Neuausgabe der Autobiografie von Emma Goldman, Gelebtes Leben, ein Handbuch zur Direkten Aktion von David Graeber oder das 600-Seiten-Werk Schwarze Flamme von Lucien van der Walt und Michael Schmidt. Mit Michael Warschawski, Mahmood Mamdani, Eyal Weizman oder Gilbert Achcar holte die Edition Nautilus hochkarätige internationale Kritiker an Bord. Beiträge zur Zeitgeschichte der BRD liefern u.a. die Zeugnisse ehemaliger Protagonisten des bewaffneten Kampfes: Karl-Heinz Dellwo, Inge Viett, Gabriele Rollnik.
Die Krimisparte des Programms wurde einst begründet mit der ›Schwarzen Trilogie‹ Léo Malets und dann durch Ingvar Ambjørnsen, Robert Brack und viele weitere fortgesetzt. Ein Krimi war es auch, der dem Verlag dann seinen zahlenmäßig bisher größten Erfolg einbrachte.
Eines Tages bot Andrea Maria Schenkel ihr Manuskript »Tannöd« zur Publikation an. Der Krimi überzeugte das Verlagsteam, wurde kostendeckend kalkuliert und erschien im Februar 2006 in einer Auflage von 2800 Exemplaren. Das Risiko sollte gering bleiben, schließlich hatte noch nie jemand etwas von der Autorin gehört. Das sollte sich schnell ändern. Das Krimidebüt von Andrea Maria Schenkel zog weite Kreise, und ein Jahr nach der Veröffentlichung landete es auf der Spiegel-Bestsellerliste, wo es wochenlang Platz 1 besetzte, bis ihr zweiter Krimi, »Kalteis«, ihn auf Platz 2 verdrängte. Für beide Krimis wurde sie mehrfach ausgezeichnet, und »Tannöd« wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt.
Durch diesen fast märchenhaften Erfolg konnte das inzwischen gewachsene Verlagsteam aus den drei Büroräumen über einer Einkaufspassage in der Bergedorfer Fußgängerzone in ein ehemaliges Fabrikgebäude in Hamburg-Bahrenfeld ziehen. Hier werden jetzt Romane von Autor*innen wie Shumona Sinha, Jochen Schimmang und Isabel Fargo Cole verlegt – letztere wurde mit ihrem Debütroman Die grüne Grenze über das Leben im Sperrgebiet der DDR im Harz für den Preis der Leipziger Buchmesse 2018 nominiert. Die Flugschriftenreihe widmet sich aktuellen gesellschaftspolitischen Themen wie der Digitalisierung, dem Feminismus oder dem Urbanismus – mit Autor*innen wie Timo Daum, Laurie Penny, Jack Urwin, Mithu M. Sanyal, dem Unsichtbaren Komitee, Hans-Christian Dany und Niels Boeing.
In unserem kriminalliterarischen Programm sind wir stolz auf spannende und politische Werke deutschsprachiger und internationaler Autoren wie Matthias Wittekindt, Robert Brack, Jérôme Leroy und Declan Burke, die mit zahlreichen Krimipreisen bedacht wurden.
Im Jahr 2016 haben wir mit den Utopien für Hand und Kopf eine ambitionierte bibliophile Reihe ins Leben gerufen, in der wir utopische Texte aus verschiedenen Zeiten und Kontexten verlegen: aufwändig und individuell gestaltet und illustriert, sind sie Fenster in andere Vorstellungswelten und verführen zu Reisen über den eigenen Horizont hinaus. Es erschienen Werke von William Morris, Martin Luther King, Oscar Wilde und Charles Fourier sowie ein tiefrotes Album über die Utopie(n) des Jahres 1968.
Im Jahr 2004 wurde der Edition Nautilus der Kurt-Wolff-Preis verliehen. Sie wurde damit für ihr anspruchsvolles literarisches Programm, für ihre Künstlerbiografien und die Herausgabe der Franz-Jung-Werke geehrt. Der Verlag erhielt für sein außergewöhnliches Programm außerdem 1993 und 2002 den Verlagspreis der Freien und Hansestadt Hamburg sowie 2018 den Karl-Heinz Zillmer-Verlegerpreis. 2019 und 2020 wurde die Edition Nautilus mit dem Deutschen Verlagspreis ausgezeichnet, verliehen von der Kulturstaatsministerin.
Zum Jahresbeginn 2018 übergab Hanna Mittelstädt den Verlag nach einer Übergangsphase vollständig an ihre fünfköpfige Crew, die die Edition Nautilus nun kollektiv und in der Rechtsform einer GmbH weiterführt.
Mit voller Kraft voraus arbeiten wir seit über 45 Jahren an unserem Programm, das sich darin treu geblieben ist: es ist unkonventionell, eigenwillig und kämpferisch.
EN
Since its official foundation on 1 April 1974 (entry in the commercial register), the publishing house has published almost 1000 titles, of which about 300 are currently still available. We have published 63 volumes of the Kleine Bücherei für Hand und Kopf, 14 volumes of the Franz-Jung-Werkausgabe, 19 volumes of the crime series Kaliber .64, 31 Numbers of the Revolt! and proud 220 numbers of the campaign (in 80 issues) as well as, »same procedure as every year«, seven variations of Dinner for One in book form.
The 40th anniversary in 2014 was overshadowed by the publisher’s death: Lutz Schulenburg died unexpectedly on 1 May 2013 after a short serious illness a few days after his 60th birthday. For almost forty years, as the publisher of Edition Nautilus, he was a fixed, albeit subversive, figure in the publishing world. We miss him. But the remaining crew now steers the Nautilus through moving waters without him and continues to work in his spirit, which is also ours!
Through their political commitment, Hanna Mittelstädt, Lutz Schulenburg and Pierre Gallissaires had slipped into the publishing business more by chance than intentionally: first through the publication of the magazine MAD/Revolte (digitized editions can be read on: www.mao-projekt.de) and various pamphlets under the label »MAD-Verlag, Materialien, Analysen, Dokumente«, which renamed itself Edition Nautilus after a lawsuit by the satirical paper of the same name.
»A poem can be just as revolutionary as a theoretical text.« True to this motto, in addition to the writings of the anarchists and Situationists, those of the Dadaists and Surrealists were published. Soon the first autobiographies, among others by Jacques Mesrine, Charles Mingus, Billie Holiday and Franz Jung, as well as intrepid prose by young authors such as Franz Dobler, Ingvar Ambjørnsen, Anna Rheinsberg and Sean McGuffin found their way into the program.
At the same time, the edition of Franz Jung’s works was tackled and completed in 1997, after 16 years and 14 volumes. This non-subsidy edition was very much at the expense of the publishing economy, which in Edition Nautilus always has to be organized around a few sales successes, for several years around the bilingual New Year’s Eve perennial favorite Dinner for one. Not quite as successful, but just as indispensable was Die Aktion, one of the last controversial magazines for politics, literature and art, which we discontinued with the last Hommage issue for Lutz Schulenburg in September 2013.
The reporter of the Bergedorfer Wochenblatt characterized the publishing collective as »in a good mood and a bit anarchist«, which after the publication of three books by Karl-Eduard von Schnitzler was suddenly worth a portrait of the local press. This deliberate programmatic violation of boundaries, by no means the first in the course of the publisher’s history, made it possible, among other things, to publish Abel Paz’s great Biography of Durruti.
The books of Wiglaf Droste, Subcomandante Marcos, Paco Ignacio Taibo II, especially his Che Guevara biography, as well as some titles from the Kleine Bücherei für Hand und Kopf, meanwhile grown to 60 volumes, such as the grotesques by Kurt Schwitters or the aphorisms by Francis Picabia . His aphorism »Our head is round, so that thinking can change direction« still gives a reliable publishing motto.
In the new millennium, the Nautilus program was able to expand the sequence of the »Red Bricks« with further compendia of the grassroots movements: for example, the famous tome by Horst Stowasser, Anarchie!,a revised new edition of the autobiography of Emma Goldman, Lived Life,a handbook on direct action by David Graeber or the 600-page work Schwarze Flamme by Lucien van der Walt and Michael Schmidt. With Michael Warschawski, Mahmood Mamdani, Eyal Weizman or Gilbert Achcar, Edition Nautilus brought top-class international critics on board. Contributions to the contemporary history of the FRG include the testimonies of former protagonists of the armed struggle: Karl-Heinz Dellwo, Inge Viett, Gabriele Rollnik.
The crime section of the program was once founded with the ›Black Trilogy‹ by Léo Malet and then continued by Ingvar Ambjørnsen, Robert Brack and many more. It was also a thriller that brought the publisher its greatest success in terms of numbers to date.
One day Andrea Maria Schenkel offered her manuscript »Tannöd« for publication. The thriller convinced the publishing team, was calculated to cover costs and was published in February 2006 in an edition of 2800 copies. The risk should remain low, after all, no one had ever heard of the author. That should change quickly. Andrea Maria Schenkel’s crime debut drew wide circles, and a year after its release, it landed on the Spiegel bestseller list, where it occupied Number 1 for weeks until her second crime novel, »Kalteis«, pushed him to Number 2. She has received several awards for both crime novels, and »Tannöd« has been translated into more than 20 languages.
Thanks to this almost fairytale success, the publishing team, which has since grown, was able to move from the three offices above a shopping arcade in the Bergedorf pedestrian zone into a former factory building in Hamburg-Bahrenfeld. Novels by authors such as Shumona Sinha, Jochen Schimmang and Isabel Fargo Cole are now published here – the latter was nominated for the Leipzig Book Fair Prize 2018 with her debut novel The Green Border on Life in the Restricted Area of the GDR in the Harz Mountains. The pamphlet series is dedicated to current socio-political topics such as digitization, feminism or urbanism – with authors such as Timo Daum, Laurie Penny, Jack Urwin, Mithu M. Sanyal, the Invisible Committee, Hans-Christian Dany and Niels Boeing.
In our crime fiction program, we are proud of exciting and political works by German-speaking and international authors such as Matthias Wittekindt, Robert Brack, Jérôme Leroy and Declan Burke, which have been awarded numerous crime prizes.
In 2016, we launched the Utopias for Hand and Head, an ambitious bibliophile series in which we publish utopian texts from different times and contexts: elaborately and individually designed and illustrated, they are windows into other imaginable worlds and seduce to travel beyond one’s own horizon. Works by William Morris, Martin Luther King, Oscar Wilde and Charles Fourier were published as well as a deep red album about the utopia(s) of the year 1968.
In 2004, Edition Nautilus was awarded the Kurt Wolff Prize. She was honored for her demanding literary program, for her artist biographies and the publication of franz Jung works. The publishing house also received the Publishing Prize of the Free and Hanseatic City of Hamburg in 1993 and 2002 and the Karl Heinz Zillmer Publishing Prizein 2018 for its extraordinary programme. In 2019 and 2020, Edition Nautilus was awarded the German Publishing Prize by the Minister of State for Culture.
At the beginning of 2018, Hanna Mittelstädt handed over the publishing house completely to her five-member crew after a transitional phase, who now continue to run Edition Nautilus collectively and in the legal form of a GmbH.
For more than 45 years, we have been working with full steam ahead on our program, which has remained true to itself: it is unconventional, idiosyncratic and combative.